Weitere Gedanken zur Saison

Ohnhäuser plädiert für sofortigen Saisonabbruch

Handball: Langjähriger Verantwortlicher des TV Bad Ems sieht vor allem gravierende terminliche Probleme – Bei jedem Leistungsniveau hält er mindestens vier Wochen Vorbereitungszeit für absolut notwendig

Rhein-Lahn. Die Hallen sind schon länger geschlossen, an einen geregelten Trainingsbetrieb ist seit Monaten demzufolge nicht zu denken. Bis dato war es in diesen auch für den Handballsport unwägbaren Coronazeiten an der Basis ziemlich ruhig geblieben. Doch so langsam fragen sich Verantwortliche der Vereine, welche mittelfristige Perspektive es für eine Wiederaufnahme des Spielbetriebs gibt. Nun hat Klaus Ohnhäuser, seit Jahrzehnten die prägende Figur beim TV Bad Ems, seine Gedanken zu Papier gebracht und beim Präsidium des Handballverbandes Rheinland (HVR) dafür plädiert, die Saison sofort abzubrechen.

Können Vereine in die Hallen?

„Aufgrund der weiterhin recht hohen Infektionszahlen wird es mit Sicherheit keinen Re-Start wie zunächst vorgesehen am 27./28. Februar gegen können, denn die Spieler brauchen eine mindestens vierwöchige Vorbereitungszeit“, skizziert der langjährige Trainer und Funktionär die Ausgangslage. Außerdem sei es derzeit vollkommen unvorstellbar, dass die Handballer spätestens am 1. Februar wieder in die Halle könnten. „So sieht es auf jeden Fall bei uns im Rhein-Lahn-Kreis und der Verbandsgemeinde Bad Ems/Nassau aus.“

Ohnhäuser ist lange genug im Geschäft und weiß daher genau, dass eine mehrwöchige Vorbereitungszeit absolut notwendig ist, um handballspezifischen Verletzungen – besonders in den Bereichen Knie, Fuß und Schulter – vorzubeugen. Ohnhäuser: „Man kann ohne ausreichende Vorbereitung keinen Wettkampf bestreiten. Das betrifft letzten Endes jedes Leistungsniveau.“

Der pensionierte Lehrer untermauert sein Plädoyer für den sofortigen Abbruch der Saison zudem auch mit gravierenden terminlichen Problemen. Ende März und Anfang April stehen die Osterferien an, im Mai ein langes Wochenende über Himmelfahrt und Ende Mai das Ende der Pfingstferien mit nahtlosem Übergang in das Wochenende nach Fronleichnam. „Das bedeutet konkret: Selbst wenn bis Ende Juni gespielt werden könnte, bleiben abzüglich der Vorbereitungszeit maximal zehn Spieltage. Und das alles könnte nur dann funktionieren, wenn der Lockdown ab Februar beendet gewesen wäre.“

Ist er aber bekanntlich nach den jüngsten Beschlüssen der Politiker nicht. Ohnhäuser schließt sein Schreiben an die Präsidiumsmitglieder des HVR: „Schielt nicht nach Vorgaben anderer Verbände wie dem DHB oder RPS, sondern habt den Mut, die Saison 20/21 abzubrechen. Dann können wir alle eine ordentliche Vorbereitung auf die Saison 2021/22 starten.“

Der Bad Emser „Mister Handball“ könnte sich zudem gut vorstellen, dass im Juli die Qualifikationsrunden der Jugend zur Oberliga RPS ausgetragen werden.

„Ich teile die Meinung von Klaus Ohnhäuser“, sagt zum Beispiel Lars Pitzen, Trainer der Rheinlandliga-Männer des TV Welling. „Es ist schwierig, innerhalb kürzester Zeit von null auf hundert zu schalten für den Fall, dass es irgendwann mal wieder losgeht.“ Wenn es die Corona-Zahlen zulassen sollten, plädiert er gar für eine großzügige Vorbereitungszeit von sechs bis sieben Wochen, ehe der Spielbetrieb wieder anlaufen soll: „Eine Fortsetzung der aktuellen Runde erscheint mir nicht möglich. Daher wäre es am sinnvollsten, die Saison abzubrechen.“

„Grundsätzlich wollen wir natürlich spielen, aber die Wahrscheinlichkeit dafür ist nicht wirklich gegeben. Zwar stirbt die Hoffnung zuletzt, aber es ist wohl besser, wenn wir die Saison abschließen. Da dürfte auch zeitnah eine Entscheidung fallen“, befindet derweil Florian Müller, der neben seiner Funktion als Geschäftsführer des TuS Weibern auch dem Spielausschuss des HVR als Vereinsvertreter angehört und unter anderem die Landes-, Bezirks- und Kreisliga der Männer leitet. Nach seiner Ansicht könnte die Zeit bis zum Beginn der neuen Saison mit Freundschaftsspielen überbrückt werden, wobei auch hier selbstverständlich die Entwicklungen rund um die Corona-Pandemie maßgebend sind.

Schneider bittet um Geduld

HVR-Spieltechniker Rainer Schneider (Mendig) orientiert sich weiter an den Beschlüssen der Politik und der Verantwortlichen für die oberhalb des rheinländischen Verbandes angesiedelten Spielklassen – und erbittet Geduld. „Natürlich habe ich Verständnis dafür, dass die Vereine wissen wollen, wie es weitergeht. Wir sammeln Ideen. Ich denke, es wird sicher keine vier Wochen mehr dauern, bis wir den Vereinen konkrete Informationen an die Hand geben können.“

Dirk Knopp, Leiter des Spielbereichs Rhein-Westerwald im HVR, hatte unlängst „seine Vereine“ um eine Einschätzung gebeten. „Die geäußerten Meinungen waren durchmischt. Viele Vereine sehnen sich danach, endlich wieder spielen zu können. Es werden aber nicht wenige Zweifel geäußert, ob dies im gegebenen zeitlichen Rahmen überhaupt möglich ist. Und vereinzelt, wie auch von Klaus Ohnhäuser dargelegt, hält man den Abbruch der Saison für das realistischste Szenario“, gibt der Funktionär aus Vallendar einen Überblick über diverse Sichtweisen in Vereinskreisen.

„Die Diskussion ist selbstverständlich auch in den Gremien des HVR im Gang. Am einfachsten wäre meines Erachtens tatsächlich die Annullierung der Saison, denn nach den Beschlüssen der Politik von Dienstag wird alles ja nochmals mindestens 14 Tage nach hinten verschoben“, kann Knopp die Argumentation Ohnhäusers nachvollziehen und teilt sie auch. Gespannt ist Knopp auch darauf, ob alle Mannschaften die Pandemie überstehen. „Ich befürchte, dass es vor allem in den unteren Spielklassen für den einen oder anderen Verein personell eng werden könnte, da viele Spieler in der Zwischenzeit ihre Freizeit anderweitig verbracht haben und eventuell auch künftig anders planen. Dies gilt auch für den Nachwuchsbereich. Hoffentlich schaffen wir es, Kinder und Jugendliche wieder zu motivieren, die Konsole beiseite zu legen und die Schuhe zu schnüren.“
Stefan Nink/Lukas Erbelding

Rhein-Lahn-Zeitung Bad Ems vom Donnerstag, 21. Januar 2021

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